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Email-Interview "[][][]Boxhagener86/modukit"
º Der zuvor leerstehende Laden wurde im Rahmen eines vom
Quartiersmanagement Friedrichshain unterstützten Projekts für ein
Jahr an uns vermietet.
Über den Einblick zu berichten, den wir im Laufe der Zeit in die
Friedrichshainer Machtstrukturen und die Rolle des
Quartiersmanagements erhalten, wäre ein eigenes Thema.
Aus dieser Situation heraus, selbst Teil des Prozesses der
Umstrukturierung zu sein, ergibt sich ein sehr starker Bezug zum
Viertel. Wir stehen in Kontakt mit Leuten, die schon lange hier
leben, die Entwicklungen in ihrem Kiez kritisch verfolgen und sich in
eigenen, unabhängigen Stadtteilprojekten engagieren. º Gibt es überhaupt noch das soziale Gebilde "Viertel"?
ºAls gewachsene Sozialstruktur befindet es sich in den
Sanierungsgebieten in Auflösung. "Viertel" heisst jetzt "Quartier"
und wird von einer dazu beauftragten Agentur als Wirtschaftsstandort
gemanagt.º Wie würdet Ihr dieses Projekt beschreiben?
ºDer Raum bietet eine Struktur an, die benutzt und weiterentwickelt
werden kann und Interessierten offen steht.º >>Was ist das für eine Struktur, von der Ihr sprecht? Seid Ihr wirklich offen für Interessenten aus jeder gesellschaftlichen Schicht? Bzw. gibt es aus jeder gesellschaftlichen Schicht Anfragen, Euren Raum zu nutzen? Wie wichtig ist dieser Raum für Eure Arbeit?
ºEr ist das Experiment eines halböffentlichen Arbeits- und
Aktionsraumes. Das Betreiben des Raumes, seine Gestaltung, die Art
und Weise seiner Wirkung nach aussen, die Haltung der NutzerInnen,
die Wahl der Themen, die dort verhandelt werden sind Teil unserer
Arbeit.º Welche Ansätze verfolgt Ihr mit dem Raum? >>Beschreibt doch bitte kurz, was modukit ist!
#modukit IST ein Label, aber es bezieht sich nicht zuerst auf ein Produkt,
sondern auf Prozesse (im Plural!), Un-Abgeschlossenheiten - Container.
Dafuer reicht eine Webpage mit Portalkfunktion, eine Adresse, ein Signal.
modukit koennte auch u.7568x_ heiszen. Tatsaechlich war der Impuls fuer
einen halbwegs sprechbaren Namen mit Verweischarakter jedoch sehr stark.
modukit ist die Abkuerzung fuer Modul-Kit, die Vision einer Art Einheit,
die nach Bedarf ueberall und jederzeit eingesetzt werden kann; erinnert ein
biszchen an die Banalitaet eines Mobilfunktelefons oder an die Gimmicks
fuer James Bond. Die Containermetapher kam aus der Beobachtung wie global
und industriell Raeume herstellbar sind. Interessanterweise beherrscht
General Electrics diesen Globalen Markt mit schicken weiszen Containern
z.B. fuer Tour-Acts oder Montage-Arbeitsgruppen. Diese temporaeren Raeume
werden ueberall dort aufgebaut und zu groeszeren Einheiten, wo es Nachfrage
gibt. Sie sind, bezogen auf ihren Anteil am Dienstleistungskapital, ein
Modell fuer Service, der Just-in-Time Beduerfnisse befriedigt. Wenn man das
jetzt umdrehen wuerde, so die (alte) Idee, kaeme vielleicht ein objektives
aber subjektivisch gestuetztes Modell demokratischer Raumnutzung zustande.
Modelle, wie sie in der Architektur schon lange ernsthaft oder polemisch
(wohl nicht erst seit Schlingesief) ein Rolle spielten.# Wo, wenn Ihr Euch denn dort seht, verortet Ihr Euch im System Kunst? ºMan kann sich auf das "System Kunst" beziehen wie auf andere, das "System Internet", das "System Kapitalismus" oder das "System Friedrichshain". Die "Systeme" sind ineinander verschachtelt und wechselseitig verzahnt, so dass es unmöglich ist, sich innerhalb eines bestimmten "Systems" zu verorten. Man kann sich zu bestimmten Mechanismen innerhalb von Systemen dann verhalten, ins Verhältnis setzen, wenn man sich in Differenz dazu befindet. Die Differenz ist allerdings, gibt man die ideologische, duale Sichtweise auf, eine hypothetische, eine unmögliche. Differenz lässt sich moment-und modellhaft erzeugen, indem man das statische sich-verorten in ein dynamisches von-Ort-zu-Ort-wechseln umwandelt. Ein sich-bewegen zwischen normierten Feldern, das die Verschiebung der Bezüge und die Neukombination der Modelle zur Methode macht.º >>Macht Ihr Kunst? Oder macht Ihr etwas anderes? Wenn ja, was macht Ihr? #Etwas provokant gefragt: Macht der Bundeskanzler Kunst? Er macht Politik, weil mehrheitlich die Meinung da ist, Politiker machten Politik, dabei machen sie auch sehr professionell darstellende Kunst. Es ist keine Frage der Selbstdefinition, sondern der Perspektive und der optischen Auflösung dieser Perspektive.# Ist Kunst für Euch wichtig? art sells. http://www.artbusiness.com/resaleworries.html >>Seht Ihr ein Problem darin, Kunst zum Verkauf zu bestimmen? Wie haltet Ihr es mit der Verkünpfung von Kunst und Kommerz? Verkauft Ihr Kunst? Produziert Ihr überhaupt Kunst, die man prinzipiell verkaufen könnte? Könnt Ihr Euch vorstellen, von Eurer kulturellen/künsterlischen Arbeit irgendwann einmal leben zu können? #'Wir' leben bereits davon. Wenn sich der Terminus Leben jedoch - wie uns momentan u.a. vom Staat eingeredet wird - aufs Monetaere und den Lifetime Value beschraenkt, lebt niemand davon. Kunst und Kommerz waren vermutlich seit Duerer getrennte Bereiche. In der Funktion als feudaler Luxus waere Kunst nur noch Supplement des Kommerz. Allerdings musz man in historischen Situationen ueberleben, also verkaufen wir.# Was ist Eure Gesellschaftliche Utopie? ºFreie Wahl der Staatsbürgerschaft.º Arbeitet Ihr an Netzwerken? ºEin nächstes Projekt mit dem Arbeitstitel "The Network is visual" wird das Verhältnis zwischen Datenfluss und physischer Bewegung untersuchen. Eine Gruppe von Künstlern/Aktivisten begibt sich in einem mobilen Medialab auf die Reise. Stichworte sind: Mobilität, Prozess, Navigation, browsing, streaming, networking, Kartographierung, Recherche, Geschichte, real time, real space.º Wie sind Eure Erfahrungen mit Netzwerken? rena: Sie funktionieren nicht. marc: ? wieso denn, das netzwerk boxhagener86 funktioniert doch auf seine weise, so wie viele netzwerke ganz spezifisch funktionieren. #Matze Schmidt: Netzwerke sind keine Natuerwuechsigkeiten, das Rhizom gibt es nur biologisch. Man kann Netzwerke aber nominal auch anders fassen: Netzwerke sind Freundschaften, Seilschaften, Funktionalitaeten etc. Bis 31.12.2001 trifft das alles auch fuer die Boxhagener Str. zu, als Episode oder Passage.# Wie beurteilt Ihr Netzkunst? "Internetkunst ist jedoch ein Ausdruck des Zeitgeistes, der gerade bei den Entscheidungsträgern in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur einen besonderen Stellenwert hat."(CYNETart 2001, http://www.body-bytes.de) >>Was heißt das? Stimmt Ihr dem zu? #Samples und Zitate stimmen nie nur zu, noch sind sie dagegen, sie haltens ambivalent. Netzkunst laeuft ja nicht in Datennetzwerken, wird aber aequivalent gesetzt. Eine moegliche Forschung koennte sein, Netzkunst wieder weiter zu fassen, oder etwas anderes auszuprobieren. Als Phenomen ist "Internetkunst" auch Output des militaerisch-industriell-wissenschaftlichen Komplexes, mit Friktionen und Widerstandspotentialen! Zum Beispiel bewuszt offline zu gehen, wie es hier im Fruehjahr §2001§ stattgefunden hat.# Wie ist bei Euch das Verhältnis zwischen on- und offline? ºDie Wahl der Technik hängt vom zu behandelnden Thema und von der Position des Gegenübers ab. Online zu sein heisst, einen Kanal zu öffnen, der von räumlichen Entfernungen unabhängig ist, dafür aber einer grossen Menge kompliziert zu kontrollierender Parameter unterworfen ist. Offline-Techniken sind ortsbezogen und direkter zu handhaben.º >>Indem Ihr einen Raum habt, arbeitet Ihr ja offline. Seid Ihr damit nicht anachronistisch? Wozu braucht man Eurer Meinung nach heute noch einen Raum, da doch alle nur noch im Cyberspace nomadisieren? Ihr arbeitet ja auch online, wozu also der Raum? #Telepraesenz gibt es, aber nur im Wechselverhaeltnis materieller und immaterieller Zusammenhaenge. Dazu braucht man Architekturen, symbolisch arbeitende und reale, nicht um einer Authentizitaet willen, sondern um informationelle Impacts erst implementieren zu koennen. "Im Cyberspace" nomadisiert jemand ja 'nur' im metaphorischen Sinn; man ist angeschlossen, immer *am* "Kyberaum" (wie die ersten Uebersetzungen der Gibson-Buecher sinnigerweise und demythologisierender noch sagen), was in der Point-to-Point-Architektur des Internet begruendet liegt. Alle Fantasien vom Aether, der Noosphaere, dem quasi a-physkalischen Raum haben zwar euphorische Wirkung und werden z.B. in der Diskussion um die Legalitaet von Online-Demonstrationen benutzt, sind aber skeptisch zu betrachten. Weil sie Territorialitaeten dort manifestieren, wo keine sind, oder doch? Gibt es nicht diese Fabel von den Indianern ohne Begriff vom Grund und Boden? Diese Diskussion um Freiraeume hat ihre Zwaenge, Raeume kosten Geld, oder anders, Geld kostet Raum.# Gibt es einen Netzuntergrund?
ºNetzuntergrund, was könnte das sein? Man könnte ihn nur jenseits des
Netzes denken. Das www ist eine riesige Oberfläche die jeden Versuch
der Subversion per se ausschliesst, denn er bleibt immer ein
symbolischer.º Wie ist Euer Verhältnis zur Subkultur? ºSubkultur ist Mainstream.º >>Seid Ihr Subkultur und damit Mainstream? Oder seid Ihr Hochkultur - und damit Elite? #Mit der verkuerzten Formel "Subkultur ist Mainstream" ist gemeint, dass der Generator fuer Hochkultur immer aus Feldern der Gesellschaft kommt, die durchaus elitaer sind, naemlich indem sie minderheitlich bestimmte Dinge und Repraesentanten ausschlieszen. Verknuepft mit Fragen nach den Produktionsmitteln, der Aufmerksamkeit die man zu produzieren im Stande ist bekommt "Sub" jedoch wieder Relevanz, aber nur als negative Identifikation. Interessanter als diese Situierung sind Antizipationen, utopische Entwuerfe, Gegenpositionen, aber nicht fuer das irgendwie Eigene, sondern als radikal offenes Material. Dann erst koennen Stellen bezogen werden.# "wie gut funktioniert die kommunikation mit unterschiedlichen interfaces? welche datenformate und programme lassen die bildung von schnittstellen zu?"
ºDas waren Fragen, die wir uns zu Beginn von modukit gestellt haben.
Die Folgerungen, die wir aus der Beschäftigung mit Kompatibilität und
Durchlässigkeit im Sinne von flexibler Benutzbarkeit aus mehreren
Richtungen gezogen haben, sind folgende:
-Die mailinglisten, die wir betreiben, laufen über minordomo.org
(>rolux minordomo is an open source web-based mailing list manager
written in php. if you want to know more about it visit
http://minordomo.org).
-Die Internetseiten, die wir programmieren, sind möglichst einfach,
sodass sie von mehreren Leuten bearbeitet werden können und auch mit
schlechter Anbindung und ohne plugins lesbar sind.
-Interfaces oder Schnittstellen müssen soetwas sein wie zu mehreren
benutzbare und modifizierbare Räume. Das können z.B. Datenbanken
sein, die über ein Webinterface gelesen und bestückt werden können.º "lassen sich im netz funktionierende techniken in den sozialen raum uebertragen?"
ºWir haben die Frage verkehrt herum gestellt. Es ist aussichtsreicher,
sich Techniken und Bedürfnisse, die sich aus der sozialen Begegnung
im "realen" Raum entwickeln, als Grundlage für netzbasierte Räume
vorzunehmen.º
Ist DSL (oder Breitband) für Alle erstrebenswert?
marc: ja. Ihr schreibt über modukit: "die benutzer stellen plugins und ressourcen zur verfuegung, die von anderen als erweiterung ihres eigenen containers implementiert werden koennen und greifen ihrerseits auf andere containerinhalte zu. die abgelegten daten sind zur weiterverwendung freigegeben." Findet das auch statt? Wird dieses Angebot genutzt? Schildert ein paar Beispiele.
ºInnerhalb des moduls raum boxhagener86 als "real-space-container"
funktioniert dieses Konzept von selbst. Als offener Ort, der je
nachdem Atelier, Ausstellungsraum, Internetcafé, Wohnzimmer, Küche,
Bühne, Konzertraum, Konferenzraum und Kneipe werden kann, ist er
soetwas wie ein ideales Interface, das jeder modifizieren kann.
Dementsprechend vielfältig ist die Möglichkeit für Interessierte,
sich mit ihren Fähigkeiten, Themen und Vorlieben an der Gestaltung,
Veränderung und Perspektive dieses Ortes zu beteiligen.
Der Austausch, der sich so untereinander ergibt, ist vielschichtig
und hat viele Formen: sich technisch Unterstützung geben, Mobiliar
entwerfen und bauen, Djing, Hardwarespenden, Entwicklung gemeinsamer
Projekte, Arbeiten zeigen, Kieztratsch usw.
Im Netz ist das schon schwieriger, weil ersteinmal programmiert
werden muss, was dann funktionieren soll.
Von mehreren Personen und übers Netz entwickelte Projekte auf modukit sind: Ist diese Rolle, die Ihr da einnehmt vergleichbar mit dem eines Providers? Worin seht Ihr die Unterschiede? ºIn dem Sinne, etwas anzubieten (to provide), sind all diejenigen provider, die auf modukit oder im raum boxhagener86 etwas zur Verfügung stellen. Wir sehen uns nicht als Anbieter von Webspace, sondern von Kontext.º >>Und worin besteht der von Euch angebotene Kontext? Was charakterisiert ihr? #GEMEINT WAR WOHL "Was charakterisiert" IHN "?"#. #Der Kontext ist ein reeller Ort, seine Potentiale und die Potentiale der Beziehungen. Das ist auch im Baeckerladen so, koennte man sagen. Exakt. Nur, der Raum unterscheidet sich vom Dienstleister in seinem Innen-Auszen-Verhaeltnis. "Hier kann jeder seine Broetchen backen.", stimmt aber ebensowenig. Was hereingetragen wird geht nicht fuer alle mit einem Ergebnis aus. Mehrfach entsteht auch Unverstaendnis. Man koennte viele Aehnlichkeiten anfuehren, wie Offene Wohnzimmer, Offene Kanaele, die Family, die Peer Group, Warhol's Factory, Studio, Ateliergemeinschaft, Buehne. Staendig passieren auch Wechsel der Stilisierung, von der Weltkarte ueberm Sofa bis zum TV-Monitor im Schaufenster und zur durchgerabeiteten Nacht am Linuxrechner. Doch die Linien vom generalisierten Digitalen, zweifelos ein Fixum, fuehren nicht 1:1 zu allem anderen. Nicht, dass man behaupten koennte, das alles wuerde gruppenintern permanent analysiert, aber ein erster beschreibender Ansatz koennte so aussehen.# [][][] |