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Email-Interview "[][][]Boxhagener86/modukit"

Fragen: Sascha Büttner für Borderline

Antworten: Marc Geist, Rena Raedle, Matze Schmidt, Karsten Asshauer

Wie lange gibt es den Raum Boxhagener Str. 86 schon?

º Der zuvor leerstehende Laden wurde im Rahmen eines vom Quartiersmanagement Friedrichshain unterstützten Projekts für ein Jahr an uns vermietet. Über den Einblick zu berichten, den wir im Laufe der Zeit in die Friedrichshainer Machtstrukturen und die Rolle des Quartiersmanagements erhalten, wäre ein eigenes Thema. Aus dieser Situation heraus, selbst Teil des Prozesses der Umstrukturierung zu sein, ergibt sich ein sehr starker Bezug zum Viertel. Wir stehen in Kontakt mit Leuten, die schon lange hier leben, die Entwicklungen in ihrem Kiez kritisch verfolgen und sich in eigenen, unabhängigen Stadtteilprojekten engagieren. º

#Den Raum hat es auszerdem 'schon immer' gegeben, und zwar als einen, der in Planung war und ist. Das wurde mit dem realen Raum auch nicht geaendert. Das bedeutet, dass der Raum ein Progress ist, wie es ein Freund manchmal halb falsch audrueckt, weil er eigentlich "Prozess" sagen will. Progress ist der Name einer Staubsaugermarke und so hiesz auch mal ein Raumschiff. Raumschiffe sind temporaere Gebilde, die zwar andocken koennen, aber nur wenn Kompatibilitaet hergestellt wurde. 'Der Raum' ist also ein sich staendig Erweiterndes, was eine alltaegliche Erfahrung ist, nichts besonderes.#

Gibt es überhaupt noch das soziale Gebilde "Viertel"?

ºAls gewachsene Sozialstruktur befindet es sich in den Sanierungsgebieten in Auflösung. "Viertel" heisst jetzt "Quartier" und wird von einer dazu beauftragten Agentur als Wirtschaftsstandort gemanagt.º

#Der Soziale Stadtraum wird im schicken Berliner Osten seit 2000 marketingtechnisch gemacht, vor allem via kulturelles Kapital. In Berlin gibt es eine starke Szene, die global wirkende Phaenomene wie die Mitzins-Verdraengung "Gentrification" und Staedtischen Raum als Konsumraum beschreibt und kritisch begleitet hat, die aber seit Mitte der 1990er wiederum ihren eigenen, kulturkritischen Mark bildet. Das diskreditiert sie nicht, bringt sie aber nur ueber bestimmte old boys networks wieder inhaltlich in die sozio-kulturellen Peripherien. Und Friedrichshain ist Peripherie, aber hip. Und der Raum in der Boxhagener Str. ist paradoxerweise Teil davon, und zwar als Imagetransferlieferant, was wir von Anfang an wuszten, aber erst sehr viel spaeter realisiert haben.#

Wie würdet Ihr dieses Projekt beschreiben?

ºDer Raum bietet eine Struktur an, die benutzt und weiterentwickelt werden kann und Interessierten offen steht.º

#Eine Singularitaet wie ein gemeinsames Projekt gibt es nicht, davon musz man sich auch mal verabschieden duerfen. Das heiszt nicht, dass nun alle Individualproducer sind. Eine ueberschaubare Zahl User kommt und geht, ein paar davon bezahlen die Miete und kontrollieren die Zimmer, fegen den Flur, putzen das Klo, kaufen Getraenke, bezahlen die Telefonrechung usw. Es gibt keinen selbstgestellten Auftrag und kein Programm, auszer dass man sich an Hybriditaet und Kommunkationsproblematiken orientiert, worunter alles von Kunst bis Theorie fallen kann. Klar wird das - und hier kommt nun doch ein gemeinsames Moment mit hinein - an der Ablehnung eines Labels und Namens. Wir haben diese Anti-Corporate Identity mit dem Begriff der Leerstelle und des Platzhalters aufgefangen: wie in die Kaestchen auf der Bankueberweisung muessen alle Signifikanzen und Referenzen immer wieder neu eingetragen werden. Diese Platzhalter kann man hier und da im Design der Einzelprojekte wiederfinden, aber auch in der Auszengestaltung des Eckladens - nichtssagende, halbtransparente blaue Rechtecke. Wichtig ist diese "Bindung in der Unverbindlichkeit", wie sie sich intersubjektiv auf den professionellen/hobbyistischen Kontakt beschraenkt, genau mit diesem Slash dazwischen, was vielleicht viel mehr ist als eine gemeinsame "Arbeit". Es geht um das, was man kommunikative Kompetenz nennt, was mit Medienkompetenz nicht gleichzusetzen ist. Soziologen sprechen von der moeglichen Nichtkommunikation des Inkommunikablen und dass sich die Grammatik der Verkehrsbeziehungen aendert. Digitale Kommunikation wuerde da neue Variablen einfuehren. Es werden Optionen aufgenommen. Inkommunikables wird aber im Raum, exemplarisch im Raum Boxhagener Str., wie millionenfach anderswo, nicht schlicht nichtthematisiert, sondern - wenn man so will modern kuenstlerisch verstanden - in mediale Zusammenhaenge ueberfuehrt. Was als Schriftttext nicht geht, wird vielleicht Bild, oder was als Bild nicht geht, wird Musik, oder eine Kombination aus allem, immer mit offenen Raendern und oft unabgeschlossen, situativ. Etwas, was als versionistisch bezeichnet werden koennte. Immer auch in Abhaengigkeit der vorhandenen persoenlichen Trainings.#

>>Was ist das für eine Struktur, von der Ihr sprecht? Seid Ihr wirklich offen für Interessenten aus jeder gesellschaftlichen Schicht? Bzw. gibt es aus jeder gesellschaftlichen Schicht Anfragen, Euren Raum zu nutzen?

Wie wichtig ist dieser Raum für Eure Arbeit?

ºEr ist das Experiment eines halböffentlichen Arbeits- und Aktionsraumes. Das Betreiben des Raumes, seine Gestaltung, die Art und Weise seiner Wirkung nach aussen, die Haltung der NutzerInnen, die Wahl der Themen, die dort verhandelt werden sind Teil unserer Arbeit.º

#Der Raum bildet einen Kulminationspunkt an dem Dinge verhandelbar werden, wie Treffpunkte das immer tun. Er ist vergleichbar mit der Parkbank des Penners, er ist DAS Unternehmen fuer *diese Nacht*, *diesen Tag* und musz unter mehr oder weniger allen Umstaenden zur Verfuegung stehen, jederzeit.#

Welche Ansätze verfolgt Ihr mit dem Raum?

>>Beschreibt doch bitte kurz, was modukit ist!

#modukit IST ein Label, aber es bezieht sich nicht zuerst auf ein Produkt, sondern auf Prozesse (im Plural!), Un-Abgeschlossenheiten - Container. Dafuer reicht eine Webpage mit Portalkfunktion, eine Adresse, ein Signal. modukit koennte auch u.7568x_ heiszen. Tatsaechlich war der Impuls fuer einen halbwegs sprechbaren Namen mit Verweischarakter jedoch sehr stark. modukit ist die Abkuerzung fuer Modul-Kit, die Vision einer Art Einheit, die nach Bedarf ueberall und jederzeit eingesetzt werden kann; erinnert ein biszchen an die Banalitaet eines Mobilfunktelefons oder an die Gimmicks fuer James Bond. Die Containermetapher kam aus der Beobachtung wie global und industriell Raeume herstellbar sind. Interessanterweise beherrscht General Electrics diesen Globalen Markt mit schicken weiszen Containern z.B. fuer Tour-Acts oder Montage-Arbeitsgruppen. Diese temporaeren Raeume werden ueberall dort aufgebaut und zu groeszeren Einheiten, wo es Nachfrage gibt. Sie sind, bezogen auf ihren Anteil am Dienstleistungskapital, ein Modell fuer Service, der Just-in-Time Beduerfnisse befriedigt. Wenn man das jetzt umdrehen wuerde, so die (alte) Idee, kaeme vielleicht ein objektives aber subjektivisch gestuetztes Modell demokratischer Raumnutzung zustande. Modelle, wie sie in der Architektur schon lange ernsthaft oder polemisch (wohl nicht erst seit Schlingesief) ein Rolle spielten.#
ºmodukit benutzt die Containermetapher als Bild für eine Einheit, die definierte Grenzen hat und gleichzeitig modular funktioniert. Die Projekte und Einzelpersonen, die im raum boxhagener86 arbeiten, nutzen ihn als gemeinsame Adresse und hybriden Arbeitsraum, ohne sich dabei als Gruppe zu verstehen. Gleichzeitig liefert man sich gegenseitig einen produktiven Kontext für die eigene Arbeit.º #Der Raum ist so auch als Test fuer diese Container-Idee zu sehen.#

Wo, wenn Ihr Euch denn dort seht, verortet Ihr Euch im System Kunst?

ºMan kann sich auf das "System Kunst" beziehen wie auf andere, das "System Internet", das "System Kapitalismus" oder das "System Friedrichshain". Die "Systeme" sind ineinander verschachtelt und wechselseitig verzahnt, so dass es unmöglich ist, sich innerhalb eines bestimmten "Systems" zu verorten. Man kann sich zu bestimmten Mechanismen innerhalb von Systemen dann verhalten, ins Verhältnis setzen, wenn man sich in Differenz dazu befindet. Die Differenz ist allerdings, gibt man die ideologische, duale Sichtweise auf, eine hypothetische, eine unmögliche. Differenz lässt sich moment-und modellhaft erzeugen, indem man das statische sich-verorten in ein dynamisches von-Ort-zu-Ort-wechseln umwandelt. Ein sich-bewegen zwischen normierten Feldern, das die Verschiebung der Bezüge und die Neukombination der Modelle zur Methode macht.º

>>Macht Ihr Kunst? Oder macht Ihr etwas anderes? Wenn ja, was macht Ihr?

#Etwas provokant gefragt: Macht der Bundeskanzler Kunst? Er macht Politik, weil mehrheitlich die Meinung da ist, Politiker machten Politik, dabei machen sie auch sehr professionell darstellende Kunst. Es ist keine Frage der Selbstdefinition, sondern der Perspektive und der optischen Auflösung dieser Perspektive.#

Ist Kunst für Euch wichtig?

art sells. http://www.artbusiness.com/resaleworries.html

>>Seht Ihr ein Problem darin, Kunst zum Verkauf zu bestimmen? Wie haltet Ihr es mit der Verkünpfung von Kunst und Kommerz? Verkauft Ihr Kunst? Produziert Ihr überhaupt Kunst, die man prinzipiell verkaufen könnte? Könnt Ihr Euch vorstellen, von Eurer kulturellen/künsterlischen Arbeit irgendwann einmal leben zu können?

#'Wir' leben bereits davon. Wenn sich der Terminus Leben jedoch - wie uns momentan u.a. vom Staat eingeredet wird - aufs Monetaere und den Lifetime Value beschraenkt, lebt niemand davon. Kunst und Kommerz waren vermutlich seit Duerer getrennte Bereiche. In der Funktion als feudaler Luxus waere Kunst nur noch Supplement des Kommerz. Allerdings musz man in historischen Situationen ueberleben, also verkaufen wir.#

Was ist Eure Gesellschaftliche Utopie?

ºFreie Wahl der Staatsbürgerschaft.º

Arbeitet Ihr an Netzwerken?

ºEin nächstes Projekt mit dem Arbeitstitel "The Network is visual" wird das Verhältnis zwischen Datenfluss und physischer Bewegung untersuchen. Eine Gruppe von Künstlern/Aktivisten begibt sich in einem mobilen Medialab auf die Reise. Stichworte sind: Mobilität, Prozess, Navigation, browsing, streaming, networking, Kartographierung, Recherche, Geschichte, real time, real space.º

Wie sind Eure Erfahrungen mit Netzwerken? rena: Sie funktionieren nicht. marc: ? wieso denn, das netzwerk boxhagener86 funktioniert doch auf seine weise, so wie viele netzwerke ganz spezifisch funktionieren. #Matze Schmidt: Netzwerke sind keine Natuerwuechsigkeiten, das Rhizom gibt es nur biologisch. Man kann Netzwerke aber nominal auch anders fassen: Netzwerke sind Freundschaften, Seilschaften, Funktionalitaeten etc. Bis 31.12.2001 trifft das alles auch fuer die Boxhagener Str. zu, als Episode oder Passage.#

Wie beurteilt Ihr Netzkunst?

"Internetkunst ist jedoch ein Ausdruck des Zeitgeistes, der gerade bei den Entscheidungsträgern in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur einen besonderen Stellenwert hat."(CYNETart 2001, http://www.body-bytes.de)

>>Was heißt das? Stimmt Ihr dem zu?

#Samples und Zitate stimmen nie nur zu, noch sind sie dagegen, sie haltens ambivalent. Netzkunst laeuft ja nicht in Datennetzwerken, wird aber aequivalent gesetzt. Eine moegliche Forschung koennte sein, Netzkunst wieder weiter zu fassen, oder etwas anderes auszuprobieren. Als Phenomen ist "Internetkunst" auch Output des militaerisch-industriell-wissenschaftlichen Komplexes, mit Friktionen und Widerstandspotentialen! Zum Beispiel bewuszt offline zu gehen, wie es hier im Fruehjahr §2001§ stattgefunden hat.#

Wie ist bei Euch das Verhältnis zwischen on- und offline?

ºDie Wahl der Technik hängt vom zu behandelnden Thema und von der Position des Gegenübers ab. Online zu sein heisst, einen Kanal zu öffnen, der von räumlichen Entfernungen unabhängig ist, dafür aber einer grossen Menge kompliziert zu kontrollierender Parameter unterworfen ist. Offline-Techniken sind ortsbezogen und direkter zu handhaben.º

>>Indem Ihr einen Raum habt, arbeitet Ihr ja offline. Seid Ihr damit nicht anachronistisch? Wozu braucht man Eurer Meinung nach heute noch einen Raum, da doch alle nur noch im Cyberspace nomadisieren? Ihr arbeitet ja auch online, wozu also der Raum?

#Telepraesenz gibt es, aber nur im Wechselverhaeltnis materieller und immaterieller Zusammenhaenge. Dazu braucht man Architekturen, symbolisch arbeitende und reale, nicht um einer Authentizitaet willen, sondern um informationelle Impacts erst implementieren zu koennen. "Im Cyberspace" nomadisiert jemand ja 'nur' im metaphorischen Sinn; man ist angeschlossen, immer *am* "Kyberaum" (wie die ersten Uebersetzungen der Gibson-Buecher sinnigerweise und demythologisierender noch sagen), was in der Point-to-Point-Architektur des Internet begruendet liegt. Alle Fantasien vom Aether, der Noosphaere, dem quasi a-physkalischen Raum haben zwar euphorische Wirkung und werden z.B. in der Diskussion um die Legalitaet von Online-Demonstrationen benutzt, sind aber skeptisch zu betrachten. Weil sie Territorialitaeten dort manifestieren, wo keine sind, oder doch? Gibt es nicht diese Fabel von den Indianern ohne Begriff vom Grund und Boden? Diese Diskussion um Freiraeume hat ihre Zwaenge, Raeume kosten Geld, oder anders, Geld kostet Raum.#

Gibt es einen Netzuntergrund?

ºNetzuntergrund, was könnte das sein? Man könnte ihn nur jenseits des Netzes denken. Das www ist eine riesige Oberfläche die jeden Versuch der Subversion per se ausschliesst, denn er bleibt immer ein symbolischer.º

#Obwohl diese Subversion immer probiert wird. Diese ist jedoch in der Pop/Polit-Dichotomie von Obergrund und Untergrund nicht mehr glaubwuerdig, weil der wirkliche Untergrund der Netze, die Datenverabeitung und die Trace Routs sind. An diesen Stellen setzte die fruehe Netzkunst ja auch mal an, was durch das angebliche Primat des Visuellen in der Kunst schnell wieder verschuettet und auf den Schein reduziert wurde. Es geht also darum, strukurell zu arbeiten, auf vielfaeltigen medialen Basen (Medienwechsel), analog, digital, nanolog?, maschinell, handmade.#

Wie ist Euer Verhältnis zur Subkultur?

ºSubkultur ist Mainstream.º

>>Seid Ihr Subkultur und damit Mainstream? Oder seid Ihr Hochkultur - und damit Elite?

#Mit der verkuerzten Formel "Subkultur ist Mainstream" ist gemeint, dass der Generator fuer Hochkultur immer aus Feldern der Gesellschaft kommt, die durchaus elitaer sind, naemlich indem sie minderheitlich bestimmte Dinge und Repraesentanten ausschlieszen. Verknuepft mit Fragen nach den Produktionsmitteln, der Aufmerksamkeit die man zu produzieren im Stande ist bekommt "Sub" jedoch wieder Relevanz, aber nur als negative Identifikation. Interessanter als diese Situierung sind Antizipationen, utopische Entwuerfe, Gegenpositionen, aber nicht fuer das irgendwie Eigene, sondern als radikal offenes Material. Dann erst koennen Stellen bezogen werden.#

"wie gut funktioniert die kommunikation mit unterschiedlichen interfaces? welche datenformate und programme lassen die bildung von schnittstellen zu?"

ºDas waren Fragen, die wir uns zu Beginn von modukit gestellt haben. Die Folgerungen, die wir aus der Beschäftigung mit Kompatibilität und Durchlässigkeit im Sinne von flexibler Benutzbarkeit aus mehreren Richtungen gezogen haben, sind folgende: -Die mailinglisten, die wir betreiben, laufen über minordomo.org (>rolux minordomo is an open source web-based mailing list manager written in php. if you want to know more about it visit http://minordomo.org). -Die Internetseiten, die wir programmieren, sind möglichst einfach, sodass sie von mehreren Leuten bearbeitet werden können und auch mit schlechter Anbindung und ohne plugins lesbar sind. -Interfaces oder Schnittstellen müssen soetwas sein wie zu mehreren benutzbare und modifizierbare Räume. Das können z.B. Datenbanken sein, die über ein Webinterface gelesen und bestückt werden können.º

#Neben den Daten-Interfaces existieren auch andere Schnittstellen, die auf die technischen Formate immensen Einflusz haben: kommunikative Akte. Beide, Datenformate und Programme sind nur in diesem sozialen Feld zu denken, mehr noch, sie existieren ohne diese Felder garnicht. Zum Beispiel eine Entscheidung, immer moeglichst nah an der ASCII-Doktrin zu basteln, ermoeglicht finanziell und technisch niedrig stehende Standards zu bedienen. Diese niedrigen (vor 1995 noch HighTech) Standards, wie sie bei vielen Leuten noch vorkommen, sind also ein Defizit das wieder neue Gestaltungsraeume bedingt. Dieser Klassiker der Verknuepfung des Technischen mit dem Sozialen ist auf alle moeglichen Formate anwendbar. Allerdings liegt die Praeferenz fuer oder wieder ein Format nicht in der Auswahl der Autoren, wie man jetzt geniebegrifflich argumentieren koennte. Formate werden diktiert und koennen, auch in der Open Source-Welt, zunaechst nur angenommen, dann erst modifiziert werden.#

"lassen sich im netz funktionierende techniken in den sozialen raum uebertragen?"

ºWir haben die Frage verkehrt herum gestellt. Es ist aussichtsreicher, sich Techniken und Bedürfnisse, die sich aus der sozialen Begegnung im "realen" Raum entwickeln, als Grundlage für netzbasierte Räume vorzunehmen.º

#Wobei klar ist, dass das Netz, welches meistens und falsch als WWW firmiert, weil die geplanten und schon vorhandenen Konzern- und Behoerden-Intranetze ihrerseits Internetze sind, dass das Internet nicht nur adaptiert wird, sondern seit 1969 und 1994 zum Paradigma fuer Gesellschaft geworden ist. Die Annahme ueberwiegt aber, dass Netze eher Effekte des Sozialen sind und nicht umgekehrt, die technischen Aprioris der Medienfilosofie der letzten 20 Jahre die sind, mit denen was zu machen ist.#

Ist DSL (oder Breitband) für Alle erstrebenswert? marc: ja.
#Alternativen zum Breitbandmarkt der Telekom waeren besser, aber lieszen sich wohl nur als Independent-Netze, als Wave-LANs etwa vorstellen. Die Frage kann man auch rhetorisch auffassen, ist die angeblich neuste Datenuebetragungstechnik erstrebenswert? Ein Forschungsprojekt koennte auch sein - ganz im Sinn des annaehernd totalen Unnuetzen - die Politik der groszen Bandbreite, die beschrieben werden koennte als Beduerfnis, das mit der Ueberhangsproduktion technischer Bilder aufkam, als Coup der Unterhaltungsindustrie anzusehen. Um dann etwas dagegenzusetzen: kleinste Uebertragungseinheiten, die sich lokal bewegen und durch simpelste Codes einfachste Transfers ermoeglichen, m.a.W. neue billige TCPs. Eine aehnlich kritische Motivation, Geraetezusammenhaenge umzudenfinieren, findet man zur Zeit bei den GameBoy-Jockeys.#

Ihr schreibt über modukit: "die benutzer stellen plugins und ressourcen zur verfuegung, die von anderen als erweiterung ihres eigenen containers implementiert werden koennen und greifen ihrerseits auf andere containerinhalte zu. die abgelegten daten sind zur weiterverwendung freigegeben." Findet das auch statt? Wird dieses Angebot genutzt? Schildert ein paar Beispiele.

ºInnerhalb des moduls raum boxhagener86 als "real-space-container" funktioniert dieses Konzept von selbst. Als offener Ort, der je nachdem Atelier, Ausstellungsraum, Internetcafé, Wohnzimmer, Küche, Bühne, Konzertraum, Konferenzraum und Kneipe werden kann, ist er soetwas wie ein ideales Interface, das jeder modifizieren kann. Dementsprechend vielfältig ist die Möglichkeit für Interessierte, sich mit ihren Fähigkeiten, Themen und Vorlieben an der Gestaltung, Veränderung und Perspektive dieses Ortes zu beteiligen. Der Austausch, der sich so untereinander ergibt, ist vielschichtig und hat viele Formen: sich technisch Unterstützung geben, Mobiliar entwerfen und bauen, Djing, Hardwarespenden, Entwicklung gemeinsamer Projekte, Arbeiten zeigen, Kieztratsch usw. Im Netz ist das schon schwieriger, weil ersteinmal programmiert werden muss, was dann funktionieren soll. Von mehreren Personen und übers Netz entwickelte Projekte auf modukit sind:
famemaf http://www.modukit.com/famemaf , b!zar http://www.modukit.com/b!zar , OFF-LINE - - -[:- - -spa-am night http://www.modukit.com/off/index.htmlº

Ist diese Rolle, die Ihr da einnehmt vergleichbar mit dem eines Providers? Worin seht Ihr die Unterschiede?

ºIn dem Sinne, etwas anzubieten (to provide), sind all diejenigen provider, die auf modukit oder im raum boxhagener86 etwas zur Verfügung stellen. Wir sehen uns nicht als Anbieter von Webspace, sondern von Kontext.º

>>Und worin besteht der von Euch angebotene Kontext? Was charakterisiert ihr?

#GEMEINT WAR WOHL "Was charakterisiert" IHN "?"#.

#Der Kontext ist ein reeller Ort, seine Potentiale und die Potentiale der Beziehungen. Das ist auch im Baeckerladen so, koennte man sagen. Exakt. Nur, der Raum unterscheidet sich vom Dienstleister in seinem Innen-Auszen-Verhaeltnis. "Hier kann jeder seine Broetchen backen.", stimmt aber ebensowenig. Was hereingetragen wird geht nicht fuer alle mit einem Ergebnis aus. Mehrfach entsteht auch Unverstaendnis. Man koennte viele Aehnlichkeiten anfuehren, wie Offene Wohnzimmer, Offene Kanaele, die Family, die Peer Group, Warhol's Factory, Studio, Ateliergemeinschaft, Buehne. Staendig passieren auch Wechsel der Stilisierung, von der Weltkarte ueberm Sofa bis zum TV-Monitor im Schaufenster und zur durchgerabeiteten Nacht am Linuxrechner. Doch die Linien vom generalisierten Digitalen, zweifelos ein Fixum, fuehren nicht 1:1 zu allem anderen. Nicht, dass man behaupten koennte, das alles wuerde gruppenintern permanent analysiert, aber ein erster beschreibender Ansatz koennte so aussehen.#

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